Gesangslehrerin Catalina Cadavid in Stuttgart-Bad Cannstatt

In dem kleinen Dorf in der kolumbianischen Provinz Antioquia, in dem ich zur Welt kam, waren wir von Musik umgeben. Besonders geprägt hat mich die Musikalität meiner Mutter. Sie sang jeden Tag für mich und hielt Wohnzimmerkonzerte für die Familie ab, begleitet vom Radio. In meinen Augen war sie eine geborene Künstlerin. So entwickelte ich von klein auf ein großes Interesse an der Musik. Ich sang zu Hause alle meine Lieblingslieder und lernte zunächst Flöte spielen, wenig später auch Klarinette und musizierte in Ensembles. Im Freundeskreis sang ich außerdem Pop- und Rocksongs zu Gitarrenbegleitung.

Ab 2002 studierte ich zunächst Mathematik an der Universität von Antioquia in Medellín. In dieser Zeit sang ich im Universitätschor und erhielt 2005 meinen ersten Gesangsunterricht. Außerdem wirkte ich in einem Opernchor mit, was meine Leidenschaft für Musik und andere künstlerische Ausdrucksformen bestärkte. Deswegen nahm ich 2006 an der Universität von Antioquia ein Musikstudium mit Schwerpunkt Gesang auf, das ich 2015 mit der Licenciatura (Diplom) abschloss.

Während eines Studienaustauschs in Colima (Mexiko) im Jahr 2012 hatte ich mit Mario Cortés einen tollen Gesangslehrer. Dank ihm verstand ich endlich, was Gesangstechnik bedeutet, und lernte meine wahre Stimme kennen. Diese Erfahrung machte aus mir einen neuen Menschen und mir wurde ständiges Lernen sehr wichtig.

Parallel zum Studium war ich als Gesangslehrerin an privaten Akademien und Kindergärten tätig. Außerdem unterrichtete ich Musiktheorie und musikalische Früherziehung.

Bei dem allgegenwärtigen Konkurrenzdruck und Perfektionismus an der Musikhochschule wünschte ich mir mehr Entwicklungsspielraum und mehr Werkzeuge als Sängerin und als Lehrerin. So begann ich, mich mit zeitgenössischer Musik, mit Theater, Tanz und Performance-Kunst zu beschäftigen.

Von 2009 bis 2015 war ich Mitglied des Kunstkollektivs „El Cuerpo Habla" (Der Körper spricht). In diesem Forschungsprojekt an der Universität von Antioquia ging es darum, die Grenzen des Körpers und des Wahrnehmungssinns auszuloten und die Rolle des Körpers als ausdrucks- und wandlungsfähiges Medium zu studieren. Ich wirkte an zahlreichen interdisziplinären Projekten in Kolumbien und anderen lateinamerikanischen Ländern mit.

Die intensive Körper- und Sinnenarbeit und die interdisziplinären Projekte ermöglichten mir ein Gefühl des Zulassens, der Angstfreiheit und der Resonanz mit allem, was um uns präsent ist. Alle meine künstlerischen Ausdrucksformen - egal ob Musik, Tanz, Theater, Performance oder mein Gesangsunterricht - sind miteinander verbunden und dienen mir als Auseinandersetzung mit dem Menschen und der Umwelt.

2014 lernte ich in einem Workshop die Eurythmie und die Waldorfpädagogik kennen. Weil ich mich mit letzterer und mit der Anthroposophie intensiver beschäftigen wollte, kam ich nach Deutschland. 2020 erlangte ich nach einem zweijährigen Studium an der Freien Hochschule Stuttgart einen Mastertitel als Oberstufenlehrerin für Waldorfpädagogik im Fach Musik.

Anschließend war ich u. a. Musiklehrerin an der Rudolf-Steiner-Schule in Nürtingen und an der Karl-Schubert-Schule (Waldorfschule für seelenpflegebedürftige Kinder mit Kindergarten) in Stuttgart.